Leben und Wohnen im Riad
Eine Bauweise, die in arabischen Ländern, in Nordafrika, im heißen, äquatorialen Teil der Erde über Generationen kluger Baumeister perfektioniert wurde. Umgesetzt in Häusern der Reichen, in Moscheen, Palästen und eigentlich überall, wo Menschen den klimatischen Bedingungen Klugheit entgegensetzen.
Riads sind dem Klima und der Lebensweise in Marokko angepasste Anwesen, bei denen einerseits die Großfamilien ihren Lebensraum hatten, andererseits das jahreszeitlich bedingt extreme Klima auszuhalten ist.
Riads sind gerade in den Städten von außen gar nicht so ohne weiteres erkennbar. Nur an den besonders kunstvoll verzierten, schweren Türen kann der Kenner sehen, dass da etwas Großes, etwas Bedeutendes hinter verborgen ist.
Wem sich die Tür öffnet, wer es wert ist, Gast zu sein, kommt in einen Innenhof, der begrünt ist, wo in der Mitte ein Springbrunnen plätschert, wo es kühl ist und die Hektik, der Lärm und die Gerüche der Stadt draußen bleiben. Meist gestaltet sich der Innenhof großzügig, verschwenderisch. Hier wird den Gästen der Tee serviert, hier erscheint der Hausherr nach angemessener Zeit, um seinen Besuch zu empfangen und sich mit seinem Gefolge dazu zu setzen.
Rundum sieht man die Etagen mit ihren reich ver-zierten Veranden. Holz, besonders selten in Ländern, wo Wasser knapp ist, grenzt die Wandel-gänge der Etagen ein. In den unteren Etagen leben die Männer des Riads. In der 1. Etage die Männer weiterer Verwandt-schaft. Oben leben die Frauen und Kinder, weit weg von eventuellen Angriffen böser Besucher. Ab und an gewahrt der Gast einen Blick auf eine verhüllte Gestalt, die schnell nachschaut, über die Balustrade lugt, wer denn da gekommen ist. Und schnell verschwindet dieser Schatten wieder in die hinteren Räume, wo dann unter Kichern erzählt wird, wen der ehrenwerte Hausherr da empfangen hat. Eine geheimnisvolle Welt, eine sichere Welt.
Warum so hoch? Warum muss der Innenhof nach Oben so weit geöffnet sein, lediglich bedeckt von einer Kuppel, manchmal mit reichen Ornamenten aus Holz oder Stuck? Es liegt an der Thermik. Die Sonne heizt auf, heiße Luft steigt nach Oben, kühle Luft strömt vom Bodenbereich nach. So hält man seinen Wohnbereich kühl.
Selbst die Ärmsten der Armen, diejenigen, die mit ihrem Vieh unter einem Dach leben, beherzigen die Bauweise. Pferdeställe sind so gebaut. Der edelste Besitz der Berber soll nicht unter der Hitze leiden.
Und am Abend trifft sich die Familie auf dem Dach des Riads, und innen im Haus bleibt die Wärme des Tages und die Kälte der Nacht bleibt draußen.
Wir könnten viel lernen, wir Europäer. Stadt Ölheizung und Klimaanlage könnten wir von klügeren Menschen gute Ideen übernehmen.
Viele Hotels, auch neueren Ursprungs werden nach diesem Stil konzipiert. Marokkanische Architekten wissen, wie man die Hitze des Tages und die Kälte der Nacht draußen vor lässt. Zum Beispiel ist das Sofitel Thalassa Sea and Spa in Agadir derart geschickt und architektonisch sehr ansehnlich umgesetzt. Nahezu alle Hotelhallen haben dieses geschickte Klimasystem.
Autor: Simone Pawlitz