"Souvenirs, Souvenirs, kauft ihr Leute kauft sie ein"

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Teppiche aus Marokko

 

 

Chris Howland hat in seinem Liedtext eine Menge Dinge vergessen, die nach einem Urlaub in Marokko in vielen deutschen Haushalten auf Betten und Böden liegen, auf Sideboards den Staub fangen, oder anlässlich Kostümpartys wieder mal aus dem Schrank geholt werden. Machen wir uns nichts vor, aus dem Urlaub zurück zu kommen und keine Mitbringsel im Koffer zu haben, das schafft man nicht. Vor allem geht es nicht an, keine der Fake Armbanduhren und nachgemachten Marken T-Shirts mitzubringen, die man laut deutschem Zoll gar nicht ins Land bringen darf. Eine Stange Zigaretten ist erlaubt, aber keine Rolex, deren Batterie nach 14 Tagen Zuhause leer ist. Und auf keinen Fall eine ausgestopfte Wüsteneidechse oder ähnliches Getier, auch, oder besonders, wenn es aus dem Meer stammt. Dabei gibt es in Marokkos Bazaren, in den Souks so viel zu erwerben, was einem wirklich auch Zuhause noch Freude bereitet, was einem ständig sagt, doch mal wieder nach Marokko in Urlaub zu reisen.

Gewürze aus Marokko

Einige Hintergrundinformationen zu den Produkten stimmen einen darauf ein, was man zu erwarten hat. Besonders die Geschichte des Landes verrät viel über die Produkte, die man sich mindestens mal anschauen sollte, wenn der Ladenbesitzer einen freundlich in sein Geschäft bittet und einem einen Pfefferminztee anbietet. Trauen Sie sich. Der Besuch, der Aufenthalt, das Gucken verpflichtet zu nichts. Fangen wir mit den Teppichen an: Die vielen Schafe und Ziegen des Landes liefern den Rohstoff, die Wolle. Es ist sowieso besondere Wolle - alles, was einem die Händler in Marokko anbieten ist immer etwas besonders. Aber es lohnt sich, sich die Geschichten anzuhören. Tausend und eine Nacht fängt da an, wo die Wolle in den vielen Bergdörfern von den Bauern aufgekauft und nach Fès gebracht wird zu den Färbern, die in großen Fabrik ähnlichen Färbereien unter freiem Himmel die Wolle mit natürlichen Farben und wenigen natürlichen Katalysatoren langsam und schonend in vielen Farbschattierungen einfärben.

Selbstverständlich handelt es sich bei sehr vielen Produkten, die den Touristen offeriert werden um Synthetics, die mit purer Chemie eingefärbt wurden. Aber mit wenigen Blicken hat man es raus, kann die echten von den unechten Textilien und Teppichen unterscheiden. Das Echte erkennt man an seiner Natürlichkeit. Das Unechte drängt sich auf, ist billig, wird einem förmlich angedreht. 

Keramik glasiert und englasiert aus Marokko

Ein Teppich aus Rabat

ist weich, flauschig, hat feine Details rundherum und eine prächtige Ornamentik im Zentrum, die an die Mitte eines Lustgartens, eines Parks erinnert. Diese Teppiche begutachtet man nach Knoten. Feine, viele Knoten pro Quadratzentimeter sind teuer. Große Muster weisen auf wenige Knoten hin. Anders sieht man die dünnen Henbels oder Kilims an, die einfache Ornamentik aufweisen. Manche Muster und Symbole stammen aus der Kultur der Berberstämme, haben mythische Geschichte, bringen dem Gast Glück, wenn sie den Eingang zum Zelt zieren, oder halten böse Geister ab. Rote Chichaoua mit ihren einfachen, schwarzen oder gelben Streifen lassen den Bösen Blick ins Nichts laufen, zeigen Krankheiten einen Weg aus dem Haus heraus. Die Oberflächenstrukturen der Zanafi oder der Glaoua unterstützen die verwebte Ornamentik. Flauschiges wechselt mit Gewebtem ab. Naturfarben bis Schwarz kommen die sehr preiswerten, dünnen Shedwi aus purer Wolle daher. Reibt man diese mit Fingern kann man noch das natürliche Lanolin des Schaffells spüren. Überall wird gesponnen, geknüpft und gewebt.

Hendira Decken aus Marokko

 

 

 

 

 

 

Ein Land mit dieser Tradition muss ja in der westlichen Mode mit-mischen. Designer aus Marokko präsentieren in Europa Textilien und Leinenstoffe für Kissen-, Möbelbezüge, Vorhänge, Tagesdecken, Tischläufer. Die Hendira ist als Wolldecke nicht mehr wegzudenken aus unserer westlichen Kultur. Und selbst die Einflüsse der traditionellen marokkanischen Mode haben bei Modenschauen Einfluss. Der Kaftan mit seinem winzigen Glöckchen und Knöpfchen, mit seinen Stickereien berberischer Muster ist genauso Gestaltungselement, wie die spitze Kapuze der Jellaba oder des kurzen Burnus. Ob gestrickt, gewebt, geknüpft, bestickt, gefärbt oder ungefärbt, bemalt oder naturbelassen, Marokkos Frauen beherrschen die Wolle.

Die Männer transportieren, färben und handeln mit den Produkten, eine natürliche und nützliche Arbeitsteilung. Aber Wolle kann auch zu Filz verarbeitet werden. Eine Kunst, die in Marokko Tradition ist. Zusammen mit dem großen Handwerk der Lederverarbeitung bietet Marokko eine große Palette von Anwendungen. Die Sattler und Täschner Marokkos haben sich übrigens längst umgestellt.

Kupferkessel aus Marokko

Lederjacken und Schuhe

sind ein Exportschlager Marokkos. Auch in Fès gibt es die Ledergerber- und Färbereien. Muss man nicht unbedingt gucken. Man riecht es schon von weitem. Und das reicht. Mitbringsel aus Keramik. Auch eine der ältesten Handwerke der Menschheit. Von Gebrauchsgegenständen einfachster Art  bis zu kunstvoll verzierten Keramiken bietet der Markt alle Formen, alle Funktionen, alle Farben. Aus Meknès stammt die grüne Keramik, aus Salé die Türkise und Gelbe, und die aus Safi sind kunterbunt. Auf dem Markt in Marrakesch findet sich besonders schöne Tellerkeramik, die wieder mit der transzendentalen Ornamentik der Berber verziert ist. Wer abnehmen will, kauft eine Terrakotta Tajine beim Händler Muhammet, der garantierte Diätmuster in ornamentaler Punktglasur anbietet. Unter uns gesagt, zum Kochen ungeeignet, weil so was im Ofen platzt. Echte Tajine zum Kochen sind schmucklos und englisiert. Nur Tajine, in die das Essen umgefüllt wird, die zum Servieren bestimmt sind, sind bunt glasiert. Und dann vergisst man glatt das Essen, wenn man diese Kunstwerke bestaunt.

Diät auf Marokkanisch.

Kessel und Kupferplatten

gibt es reich verziert. Man hört überall in den Kunstschmieden das Klopfen der Hämmer, bei den Spenglern bei den Silberziseleuren und Graveuren gibt es Metallenes für alle Funktionen. Eine Wasserpfeife hat verzierte Metallanteile, ein Teeset, Kerzenleuchter und Wandteller. Koranverse in arabischer Schrift sind genauso darunter, wie die wiederum Heils- und Segen bringenden Runen und Ornamente der Berberstämme. Und eine Abteilung weiter sitzen die Goldschmiede, die auch Silberschmuck oder die kunstvollen Dolche oder Sattel- und Flintenbeschläge der Berber verzieren.

Zähne aus Marokko

Und wer alles durch hat, aber immer noch keine Mitbringsel für die neugierigen Freunde und Verwandte Zuhause gefunden hat, kauft ein Palmblattkörbchen mit Feigen, oder mit Datteln, wobei die unterste Lage, wenn man Pech hat, nur aus Dattelkernen besteht. Am Marktstand für Oliven kann man Öl kaufen oder mit Zitrone eingelegte Oliven. Oder man bringt den Daheim gebliebenen ein Fläschchen kostbares Arganöl mit, Gewürze, Rosenwasser oder eine Flasche Wein aus Marokko. Oder ganz einfach ein gebrauchtes Gebiss vom Zahntechniker auf dem Platz der Gaukler, der in früheren Zeiten auch Platz der Gehenkten, nach einem despotisch Sultan aus der Almohadenzeit genannt wurde. Nein, so alt sind die Gebisse wiederum nicht. Olivenkerne... Ja, marokkanische Händler gehen immernoch davon aus, dass deutsche Touristen im nächsten Jahr nicht noch einmal kommen, um ihm, dem betrügerischen Verkäufer die Ohren langzuziehen. Mit Franzosen machen die so etwas nicht. Da zeigt der Stempel auf dem Goldschmuck den tatsächlichen Feingoldgehalt.

Gold aus Marokko

 

 

 

 

 

 

 

Da sind die eingelassenen Kamelknochen in der blau glasierten Berberschale nicht aus Kunststoff. Da sind die Halbedelsteine aus Timbuktu keine geschliffenen Flaschen-böden. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Deutschen sich Marokko vermehrt als Urlaubsland aussuchen. Deshalb ist es auch wichtig, nicht 14 Tage in seinem Luxusresort oder Clubhotel zu bleiben, sondern die Angebote für Sport in Marokko und für Rundreisen und Tagesausflüge wahrzunehmen, um Land und Leute kennenzulernen, und damit die Marokkaner uns besser kennenlernen.

Autor: Simone Pawlitz